Zivilprozess in Deutschland

Zivilprozess in Deutschland. Die wichtigsten Fragen.
Welches deutsche Gericht ist zuständig?

Zivilrechtliche Streitigkeiten werden in Deutschland von den ordentlichen Gerichten, d.h. den Amtsgerichten, den Landgerichten, den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof Karlsruhe entschieden. Dies sind Streitigkeiten zwischen Privatpersonen (d. h. Nichtregierungsorganisationen), zwischen Bürgern, Unternehmern oder privatrechtlichen Unternehmen (z. B. Vereinen, BGB- und GmbH-Gesellschaften). Ausgenommen sind Streitigkeiten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts, die von Arbeitsgerichten behandelt werden.
Das zuständige Gericht bestimmt sich in der Regel nach dem Streitwert: Bis zu einem Streitwert von 5.000 € ist grundsätzlich das Amtsgericht zuständig, über 5.000 € das Landgericht. Der Gerichtsstand bestimmt sich nach dem Wohn- oder Geschäftssitz des Beklagten, wobei es zahlreiche Ausnahmen gibt.
Vor dem Amtsgericht können die Parteien ihre Interessen selbst vertreten; es besteht eine Rechtsanwaltspflicht vor dem nationalen Gericht – in diesem Fall ist die Beiziehung eines deutschen Rechtsanwalts erforderlich. Auch in Verfahren vor dem Amtsgericht ist es in den meisten Fällen ratsam, Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen – Zivilverfahren bergen eine Vielzahl von „Fallstricken“, die für Nichtjuristen oft schwer zu erkennen sind. Es geht in erster Linie um die Einhaltung von Formalitäten und Fristen. Auch ein scheinbar einfacher Fall kann sich im Laufe des Verfahrens als kompliziert herausstellen; in diesem Fall kann Ihnen der Rechtsanwalt bei der Planung eines rechtlich zulässigen und zugleich wirtschaftlich vorteilhaften Vorgehens behilflich sein.


Wie melde ich eine Forderung in Deutschland an und was sind die nächsten Schritte?

Um ein Verfahren vor einem deutschen Gericht einzuleiten, muss der Kläger eine Klage formulieren und bei Gericht einreichen. Anschließend übermittelt das Gericht der Gegenpartei eine Kopie der Klageschrift und setzt ihr eine Frist zur Stellungnahme. Der Fall wird dann entweder direkt in der Gerichtsverhandlung (der sogenannten „ersten Verhandlung“) verhandelt oder das Gericht ordnet ein schriftliches Vorverfahren an – in dem die Parteien ihre Positionen in Schriftsätzen begründen.
Hinweis: Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es auch ratsam sein, anstelle einer Klage das Mahnverfahren einzuleiten.
Stellt das Gericht fest, dass der Fall ausreichend geklärt ist, setzt es eine gerichtliche Verhandlung an, in der der Streit zwischen den Parteien anhängig ist. Grundsätzlich sind Gerichtsverhandlungen öffentlich. Zunächst strebt das Gericht eine gütliche Beilegung des Falls an und prüft die Position der Parteien. Scheitert sie, geht das Gericht sofort zur mündlichen Verhandlung – die Parteien stellen Anträge und stellen den Sachverhalt noch einmal aus ihrer Sicht dar; Gegebenenfalls werden Beweise erhoben. Nachdem die Umstände des Falles vollständig aufgeklärt sind, muss das Gericht eine Entscheidung treffen und ein Urteil fällen.
Gerichtsverhandlungen sind – mit Ausnahme von Familiensachen – öffentlich.
Konnte sich das Gericht in der Hauptverhandlung ein hinreichendes Bild vom Stand der Rechtssache machen, setzt es einen Termin für die Urteilsverkündung fest. Die Beweisaufnahme wirft jedoch oft neue Fragen auf, die es zu klären gilt, und die Parteien müssen daher ihre Position schriftlich wieder aufnehmen oder weitere Beweise erheben.


Wie entscheidet das Gericht?

Im Zivilverfahren gilt – anders als im Strafverfahren – das Beweisführungsprinzip: Das Gericht ermittelt den Sachverhalt nicht von sich aus, sondern befasst sich in der Regel (nur) mit den ihm von den Parteien vorgetragenen Tatsachen. Daher muss jede Partei sicherstellen, dass alle für das Gericht günstigen Tatsachen dem Gericht mitgeteilt werden.
Das Gericht erster Instanz prüft, ob die Klage auf der Grundlage der von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen begründet wäre. Hat der Kläger den Anspruch in der Klage nicht substanziiert, muss sich das Gericht nicht mehr mit den Behauptungen des Beklagten befassen: Weist die Klage als unbegründet ab.
Wenn der Kläger seine Klage ordnungsgemäß eingereicht hat, prüft das Gericht, ob der Beklagte materielle Vorwürfe dagegen erhoben hat. Ist dies nicht der Fall, wird sie die Forderung anerkennen.
Erst nachdem der Beklagte Anklage gegen die Klage des Klägers erhoben hat, muss das Gericht klären, welche „Version“ des Sachverhalts richtig ist. Zu diesem Zweck sammelt er Beweise; die Parteien müssen Beweise für die von ihnen vorgetragenen Tatsachen erbringen. Hierfür kommen fünf Beweismittel in Frage: Sichtprüfung, Urkundenbeweis, Zeugenaussagen, Sachverständigenbeweis und Befragung der Parteien.
Grundsätzlich gilt, dass jede Partei für sie günstige Tatsachen nachweisen muss; daher liegt die Beweislast in der Regel bei der Partei. Unterlassen sie dies, weil sie beispielsweise keine Beweise vorlegen oder das Gericht nach der Beweisaufnahme nicht davon überzeugen können, verlieren sie den Prozess. Das bedeutet, dass der Kläger vor der Hauptverhandlung insbesondere prüfen muss, ob und gegebenenfalls wie er Tatsachen zu seinen Gunsten beweisen kann, wenn der Beklagte sie bestreitet.
Hinweis: Ein Vergleich kann abgeschlossen werden, während ein Gerichtsverfahren noch anhängig ist. Richter sind gesetzlich verpflichtet, in jedem Stadium des Verfahrens eine gütliche Beilegung eines Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte anzustreben (§ 278 Abs. 1 ZPO).

Bekanntgabe des Urteils

Die Parteien und ihre Vertreter müssen bei der Urteilsverkündung nicht erscheinen. Die Partei kann am Tag der Urteilsverkündung bei der Geschäftsstelle Auskunft über die Entscheidung erhalten; das schriftliche Urteil wird den Parteien vom Gericht zugestellt.

Prozesskosten in Deutschland.

Die Kosten im Zusammenhang mit dem deutschen Prozess beinhalten zum einen Gerichtskosten – insbesondere Zeugen und Gerichtssachverständige – und zum anderen außergerichtliche Kosten der Parteien – insbesondere Anwaltshonorare, Reisekosten und entgangener Verdienst von Zeugen . Die Gerichtsgebühren richten sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG), die Anwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltskostengesetz (RVG); Die Kosten richten sich nach dem Streitwert.
Im deutschen Zivilprozess gilt: „Wer verliert, zahlt“.
Daher hat die unterlegene Partei sowohl die gerichtlichen als auch die außergerichtlichen Kosten der Gegenpartei zu tragen und wird nicht erstattet. Eine Besonderheit des Klägers hinsichtlich der Gerichtskosten besteht darin, dass er diese in der Regel zu Beginn des Verfahrens zahlen muss und im Erfolgsfall deren Erstattung vom Beklagten verlangen kann.

Gerichtskosten und Kosten der anwaltlichen Vertretung – ein Rechenbeispiel
Nachfolgend stellen wir Ihnen ein Beispiel für die Berechnung der deutschen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten in einfachen erstinstanzlichen Verfahren mit einem Streitwert von 2.500 € vor.
Es ist zu bedenken, dass die Kosten eines Gerichtsverfahrens von vielen Umständen (vorgerichtliche Beratung, Verfahrensablauf, Beweiserfordernisse etc.) abhängen, die hier nicht im Detail dargestellt werden können. Es handelt sich daher nur um einen Anhaltspunkt, wie die Kosten berechnet werden sollten.
Gerichtskosten ergeben sich aus § 3 Abs. §§ 2, 34 GKG i.V.m. Anlagen 1 und 2 GKG: Bei einem Schadenwert bis 3.000 € beträgt die Pauschalgebühr 108 €. Allgemeine Kosten des Verfahrens (Gebühr 1210 aus Anlage 1 zum GKG), wird eine Gebühr in Höhe des 3,0-fachen erhoben, also 324 €, die der Kläger gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG, vor Zustellung der Forderung an das Gericht abzuführen.
Anwaltshonorare sind etwas schwieriger zu ermitteln. Beträgt der Streitwert 2.500 €, fällt eine Pauschalgebühr nach §§ 2, 13 RVG in Verbindung mit den Anlagen 1 und 2 zum RVG an und beträgt 201 €. Da ist zunächst die 1,3-fache Verfahrensgebühr (Gebühr 3100 aus Anlage 1 zum RVG), also 261,30 €. Bei einem oder mehreren Gerichtsverhandlungen fällt zusätzlich (einmalig) das 1,2-fache der Gerichtsgebühr (Gebühr 3104 aus Anlage 1 zum RVG) an, also 241,20 €. Hinzu kommt eine Auslagenpauschale von 20 € (Gebühren 7001, 7002 aus Anlage 1 zum RVG). Zu diesen Gebühren müssen Sie 19 % Mehrwertsteuer (MwSt.) in Höhe von 522,50 € (hier 99,28 €) hinzurechnen.
Die gesetzliche Gesamtvergütung eines Parteianwalts beträgt 621,78 € brutto; wird auch die andere Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten, beträgt das Gesamthonorar für Rechtsanwälte beider Parteien 1.243,56 €.
Instanzen vor deutschen Gerichten

In Deutschland ist eine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Im Falle eines Urteils des Landgerichts entscheidet dann das Landgericht und im Falle eines Urteils des Landgerichts das Oberlandesgericht. Noch strengere Anforderungen gelten im Falle einer Berufung gegen ein Urteil eines Berufungsgerichts oder einer Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil, bei der die Berufungsinstanz „weggelassen“ wird. Für diese Beschwerden ist dann der Bundesgerichtshof zuständig.


Das deutsche Mahnverfahren
Bei Streitigkeiten über Geldforderungen kann der Gläubiger anstelle der Klageerhebung zunächst einen Mahnbescheid zur Durchsetzung seiner Forderung erwirken.
Auf diese Weise kann er einfach, schnell und kostengünstig die sog einem Mahnbescheid gefolgt von einem Vollstreckungsbescheid, mit dem er gegen den Schuldner Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen kann. So vermeiden Sie ein langwieriges und kostspieliges Gerichtsverfahren.
Der Mahnbescheid empfiehlt sich, wenn die Forderung unbestritten ist, d.h. der Schuldner unserer Zahlungsforderung voraussichtlich nicht entgegentreten wird. Ist die verfolgte Forderung bestritten, d. h. wir erwarten, dass der Schuldner sie nicht anerkennt, ist die Einleitung eines Mahnverfahrens nicht zu empfehlen. Erhebt eine der Parteien Einspruch gegen den Mahnbescheid, führt der Einspruch automatisch zur Weiterleitung der Sache an das zuständige Gericht. Das Verfahren wäre dann vor Gericht anhängig. Das ursprüngliche Mahnverfahren würde daher das Gerichtsverfahren unnötig verzögern.
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